Einsatz "Katastrophenschutzvollübung"
Am 20.09. fand die große Katastrophenschutzübung des Landkreises BÖRDE im SÜLZETAL statt. Von unserer Feuerwehr war das Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 10/6 im Rahmen des VI. Zuges des Fachdienst Brandschutz 2 und der Mannschaftstransportwagen im Rahmen des Fachdienstes Führung bei der Übung beteiligt.
Bericht des Kreisbrandmeisters und des Fachdienst BKR zur Katastrophenschutzübung
Unter dem Kennwort „Reiterstein 2014“ fand am Samstag, den 20.09.2014 eine Vollübung der Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes ‐ unter Beteiligung von Kräften aus dem bodengebundenen Rettungsdienst, des Technischen Hilfswerkes und der Polizei ‐ statt. Eine Vorbereitungsgruppe aus allen Bereichen des Katastrophenschutzes, unter Leitung des Fachdienstes Brand‐. Katastrophenschutz und Rettungswesen (FD BKR) des Landkreises Börde, plante ein gutes Jahr diese Vollübung.
Unter der Einsatzleitung von Kreisbrandmeister Kai Pluntke, in Zusammenarbeit mit der Technischen Einsatzleitung (TEL), unter der Führung von Kamerad Clemens Köhler, haben etwa 600 übende Einsatzkräfte schwerpunktmäßige Lagen bewältigt. Die Vollübung war so angelegt, dass alle Einheiten mit einer Übungslage (insgesamt gab es sieben Einsatzabschnitte) sowie mit Ausbildungsthemen beauftragt waren.
Als Gäste an diesem Tag konnten der Minister für Inneres und Sport, Herr Holger Stahlknecht, der Landrat des Landkreises Börde, Herr Hans Walker, Bürgermeister und Kreistagsmitglieder sowie Vertreter aus den beteiligten Einheiten und Behörden begrüßt werden. Bereits am Vortag stellte der Fachdienst Führung die Einsatzbereitschaft im Gerätehaus Osterweddingen her, welches sich hervorragend als Sitz der TEL eignete.
Bereits um 05:30 Uhr begannen die Vorbereitungen für die Übung an diesem Samstag. Alle Kräfte trafen bis 08:00 Uhr im Bereitstellungsraum ‐ auf dem Gelände des ehemaligen Möbelhauses „Höffner“ ‐ in Langenweddingen ein. Dort angekommen, meldeten die Einheitsführer über einen dort eingerichteten Meldekopf alle Einheiten (Kräfte und Mittel) an. Der Meldekopf wurde durch Kameraden des Fachdienstes Logistik und einer Führungsgruppe der FF Oebisfelde betrieben. Gegen 08:15 Uhr eröffnete der Kreisbrandmeister die Übung.
Der Landrat Hans Walker begrüßte alle Anwesenden und bedankte sich noch einmal für die Unterstützung, konkret beim Hochwasser 2013. Auch der Innenminister Holger Stahlknecht übermittelte die besten Grüße. Beide nahmen die Gelegenheit wahr und ehrten den Zugführer des 1. Zuges des FD Brandschutz – Kamerad Thomas Hillmer aus der FF Irxleben – mit der Feuerwehrspange des Landes Sachsen‐ Anhalts. Im Anschluss an die Eröffnung begann die Vollübung.
Das vorhergehende Szenario sah wie folgt aus: In der Nacht vom 19.09.2014 zum 20.09.2014 hat ein Orkan das öffentliche Leben in weiten Teilen Europas beeinträchtigt. Der Deutsche Wetterdienst hatte bereits mehrere amtliche Unwetterwarnungen veröffentlicht und bezeichnet den Orkan als den stärksten seit Kyrill im Januar 2007. Im Landkreis Börde kam es bereits zu zahlreichen Einsätzen – womit mehrere Feuerwehren des Landkreises derzeit beschäftigt sind.
Während der unruhigen Wetterlage kommt es unter anderem zu einer heftigen Windböe mit einer Geschwindigkeit von 190 km/h, die das Industriegebiet in Osterweddingen trifft. Innerhalb kürzester Zeit gehen zahlreiche Notrufe in der Integrierten Leitstelle des Landkreises Börde ein. Nach Abstimmung zwischen dem Kreisbrandmeister und dem Fachdienst BKR werden sowohl die TEL als auch die kreislichen Fachdienste des Katastrophenschutzes alarmiert.
Bereits um 07.45 Uhr kommt es zu einer weiteren heftigen Windböe mit einer Windstärke von 200 km/h, welche das Industriegebiet im westlichen Teil streift. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich eine Firmendelegation aus Holland mit einem Reisebus auf dem Weg zur Firma f‐glass. Dieser Bus wird auf der Bielefelder Straße von der Windböe erfasst, kommt ins Schleudern und überschlägt sich. Weiterhin werden 7 PKW mit in den Unfall verwickelt.
Nachdem die örtlich zuständige Feuerwehr (FF Osterweddingen) eingetroffen ist, werden die ersten kreislichen Einheiten des Katastrophenschutzes sowie die Schnelleinsatzgruppen des Rettungsdienstes (SEG) zum Einsatz gebracht. Vor Ort angekommen, stellten die Einsatzkräfte sehr schnell fest, dass die Kräfte und Mittel nicht ausreichen und es wurde entsprechend des Sonderplanes „Massenanfall von Verletzten“ (MANV) alarmiert. Der Einsatzabschnitt MANV wurde in drei Untereinsatzabschnitte aufgeteilt.
Der technischen Rettung, der medizinischen Rettung und es wurde ein Untereinsatzabschnitt Polizei gebildet. Ein Behandlungsplatz 50 wurde aufgebaut und durch die Schnelleinsatzgruppen und einem FD Sanität betrieben. Weiterhin wurde auch der Abtransport der Verletzten simuliert, so dass alle geretteten Personen zum Einsatzabschnitt Betreuung (simuliertes Krankenhaus) abtransportiert wurden.
Das Übungsszenarium in diesem Einsatzabschnitt wurde durch den Fachdienst Betreuung ‐ DRK KV Börde e. V. – bewerkstelligt. Im Verlauf des Unwetters kommt es auch zu mehreren Blitzeinschlägen in der näheren Umgebung. Unter anderem schlägt um 10:00 Uhr ein Blitz in das Hallendach des Lagers bei der Firma Euroglas AG ein, woraufhin es zunächst zu einem Schwelbrand in der Dachkonstruktion kommt, welcher sich schnell zu einem Vollbrand entwickelt; eine Ausbreitung ins Lagerinnere ist hierbei nicht ausgeschlossen.
Die FF Langenweddingen und der FD Brandschutz II wurden alarmiert. Der Einsatzabschnitt Euroglas wurde in zwei Abschnitte (technische Rettung und Brandbekämpfung) aufgeteilt. Hier galt es unter anderem, eingeklemmte Personen zu retten und für die Brandbekämpfung über eine lange Wegestrecke die Wasserversorgung sicher zu stellen. Aufgrund des Stromausfalles bzw. bei der Wiederaufnahme der Stromversorgung kommt es gegen 11:00 Uhr auf dem Firmengelände „EDEKA“ zu einem Kurzschluss in der Elektroversorgung im Bereich „Werkstatt/Lager“.
Dieser Kurzschluss führt zu einem Schwelbrand in der Blechhalle, demzufolge ist keine Wiederaufnahme der Stromversorgung möglich. Währenddessen wird ein Brand an der Überdachung des Tiefkühlraumes entdeckt, welcher sich bereits auf darunter abgestellte LKW sowie in Richtung Kommissionierlager ausbreitet. Die FF Altenweddingen und zwei Züge des FD Brandschutz I kamen im Einsatzabschnitt EDEKA zum Einsatz.
Unter Atemschutz galt es Personen zu retten und auch hier über eine lange Wegestrecke die Wasserversorgung sicherzustellen. Außerdem musste die Dieseltankanlage durch einen Schaumangriff geschützt werden. Gegen 12:00 Uhr geht in der Leitstelle der Notruf von der Post ein, dass es im Bereich des Paketzentrums zu einer Reaktion von mehreren beschädigten Paketen kam. Einige Mitarbeiter klagen über Atemnot, Übelkeit und Hautreizung, sodass das Gebäude bereits evakuiert wurde. Ein LKW stand zum Unfallzeitpunkt an einer Wechselbrücke, woraufhin der Fahrer den LKW aus dem Gefahrenbereich fahren wollte, dabei aber bewusstlos wurde und eine Mauer auf dem Gelände rammte. Dabei reißt der Dieseltank auf und 200 l Kraftstoff treten aus, so dass Gefährdung des Regenrückhaltebeckens „Biotop“ besteht.
Der Fachdienst ABC sowie die örtlichen FF Sülldorf und FF Dodendorf wurden im Einsatzabschnitt Post AG / Paketzentrum eingesetzt. Dieser Einsatz wurde einem Realeinsatz aus dem Jahr 2008 nachempfunden, bei dem 2 Chemikalien miteinander reagierten und es daraufhin zu einem Großaufgebot von Feuerwehrkräften kam.
Im DRK‐Pflegeheim „Rusches Hof“ in Osterweddingen zeigen – vermutlich wegen eines Virus – gegen 12:00 Uhr mehrere Bewohner Übelkeitserscheinungen und leiden unter Brechreiz. Das Pflegepersonal ist aufgrund des ausgefallenen Stromes nicht in der Lage, die gesamten Bewohner zu betreuen. Daher fordern sie zur Unterstützung einen Fachdienst Sanität aus dem Bereich Katastrophenschutz an. Dieser wurde durch die FF Bahrendorf unterstützt. Nachdem alle Bewohner medizinisch versorgt sind, erfolgt eine geordnete Evakuierung.
Da sich herausstellt, dass einige Bewohner nicht mehr aufzufinden sind, wird die Rettungshundestaffel des DRK‐KV Wanzleben e.V. zum Einsatz gebracht. Die Evakuierung sowie die Suche sind erfolgreich verlaufen.
Während der Aufräumarbeiten nach dem Orkan kommt es um 13:00 Uhr zu einem Arbeitsunfall auf dem Gelände der Firma Umwelttechnik und Wasser GmbH, bei dem mehrere Arbeiter verschüttet bzw. unter Baumaterialien eingeklemmt wurden. Beim Einsatzabschnitt U&W übten das THW ‐ die Ortsverbände Oschersleben und Haldensleben ‐ zusammen mit einem Zug des Fachdienstes Brandschutz II. Hier galt es, die eingeklemmten und verschütteten Personen zu finden und zu retten. Vor und nach den Übungen standen verschiedene Ausbildungsthemen auf der Tagesordnung.
So wurde durch den Kameraden Ralf Lange in Zusammenarbeit mit den Kreisausbildern ein sogenanntes „Heißtraining“ unter dem Hochofen der Euroglas AG durchgeführt. Das DRK Kreisverband Wanzleben e. V. führte ein Erste‐Hilfe‐Training durch. Das THW schulte die Kameraden der Feuerwehren im Sichern und Abstützen von Gebäuden. Der Fachdienst ABC der Landeshauptstadt Magdeburg stellte ihr Dekontaminationskonzept vor.
Die logistische Meisterleistung vollbrachte an dem Tag der Fachdienst Logistik zusammen mit den Verpflegungsgruppen der beiden Fachdienste Betreuung in der Versorgung der zahlreichen Einsatzkräfte, Beobachter, Übungsleiter, Schiedsrichter, Gäste und Statisten während des gesamten Übungsgeschehens. Alle Übungslagen wurden um ca. 15:00 Uhr beendet.
Anschließend fand im Bereitstellungsraum der Abschluss mit einer kurzen Auswertung der Übung statt. Die Einsatzkräfte wurden vom stellvertretenden Landrat, Herrn Thomas Kluge, und dem Fachdienstleiter des FD BKR, Herrn Roland Läbisch, verabschiedet. Die beiden Feuerwehrverbände unterstützten die Katastrophenschutzübung des Landkreises Börde. Eine detaillierte Auswertung der Schiedsrichterbögen wird es in den nächsten Wochen geben.
Im Ganzen war die Vollübung 2014 ein Erfolg und die meisten Kameradinnen und Kameraden waren auch nach einem langen Tag noch motiviert und traten zufrieden die Heimreise an. Für mich war es die Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen, die zum Erfolg geführt hat. Nur miteinander können Katastrophenschutzbehörden auch Katastrophen bewältigen, egal ob blau, weiß, grün oder rot.
Bereits beim Juni‐Hochwasser 2013 konnte ich diese Erfahrungen machen und denke, dass gerade diese Vollübung ‐ ein Jahr danach ‐ das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Verbundenheit weiter gestärkt hat und somit der Landkreis Börde auf die nächste Katastrophenlage gut vorbereitet ist.
Mit kameradschaftliche Grüßen
Kai Pluntke
Kreisbrandmeister
Landkreis Börde